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Eigenbedarf des Vermieters: Der Berufs- oder Geschäftsbedarf ist kein automatischer Kündigungsgrund mehr

Das Kündigungsrecht ist einmal mehr zu Lasten der Vermieter durch den Bundesgerichtshof (BGH) eingeschränkt worden, BGH, Urt. v. 29.03.2017 - VIII ZR 45/16.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall betrieb ein Mann ein Beratungsunternehmen, das Hinterhaus war vermietet. Nun wurde den Mietern das Mietverhältnis mit der Begründung gekündigt, dass deren Wohnung zur Erweiterung des ausgeübten Gewerbes benötigt werde, um einen weiteren Arbeitsplatz samt Archiv einzurichten. Als die Mieter trotz Kündigung nicht auszogen, reichte der Vermieter eine Räumungsklage ein.

Überraschenderweise urteilte der BGH nun entgegen seiner bisherigen Praxis. Denn bislang war der Fehlender Pkw-Stellplatz in WEG: Ablösebeiträge aufgrund fehlender baulicher Gegebenheiten müssen alle Eigentümer tragen Die Schaffung eines öffentlichrechtlich geforderten Stellplatzes in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) ist Sache sämtlicher Eigentümer. In einer Wohnungseigentumsanlage musste u.a. ein Pkw-Stellplatz nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben bereitgestellt werden. Die zuständige Stadt wies darauf hin, dass dieser Pkw-Stellplatz nachzuweisen oder alternativ ein Verzicht zu beantragen ist. Auf einer Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde dann beschlossen, dass der Stellplatz baurechtlich nicht geschaffen werden kann und bei der Stadt deshalb ein Ablöseantrag gestellt werden soll. Den Ablösebeitrag sollten alle Miteigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile zahlen. Dagegen klagte eine Eigentümerin, die die Kosten nicht mittragen wollte. Der Bundesgerichtshof urteilte jedoch, dass die Eigentümerversammlung einen rechtmäßigen Beschluss gefasst hatte. Denn die beschlossene Kostenregelung entspricht der gesetzlichen Kostenregelung aus § 16 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes. Es handelt sich um Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, und für diese haften alle Eigentümer anteilig. Die Berufs- oder Geschäftsbedarf des Vermieters durchaus ein Kündigungsgrund. Nun aber haben die Gerichte im Einzelfall festzustellen, ob das Interesse des Vermieters berechtigt ist. Es müssen nun also die beiderseitigen Belange abgewogen werden.

Bei einer Mischnutzung - wenn der Vermieter also die begehrte Wohnung sowohl zu Wohnzwecken als auch zu geschäftlichen Zwecken erhalten möchte - liegt eine größere Nähe zum Kündigungsgrund des Eigenbedarfs bei Wohnraum vor, da der Vermieter dann in der Wohnung auch einen persönlichen Lebensmittelpunkt begründen will. In diesen Fällen wird es nach wie vor mehrheitlich ausreichen, dass ein ernsthafter Nutzungswille besteht. Demgegenüber ist im vorliegenden Fall ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht gegeben. Denn aufgrund der beabsichtigten Nutzung allein für gewerbliche Zwecke hätte die Vermieterseite Gründe von einigem Gewicht darlegen müssen. Das war jedoch nicht geschehen. Deshalb durften die Mieter in ihrem Hinterhaus bleiben. Der Vermieter von Wohnraum kann also nicht mehr ohne weiteres eine Kündigung wegen beruflicher oder gewerblicher Zwecke aussprechen.